Die Privathaftpflicht hat im Grunde zwei Funktionen: Sie springt ein, wenn Sie anderen schuldhaft – aber ohne Absicht – einen Schaden zufügen und sie wehrt ungerechtfertigte Schadensansprüche ab, die andere gegen Sie geltend machen. Da in Österreich die Privathaftpflichtversicherung meist automatisch mit der Haushaltsversicherung kombiniert ist, macht man sich meist nicht viele Gedanken darüber. Kennen Sie den Umfang Ihrer Privathaftpflichtversicherung? Wissen Sie, in welchen Fällen diese üblicherweise einspringt? Wir haben ein paar Praxisfälle zusammengestellt. Testen Sie Ihr Wissen!
Frage 1
Beim morgendlichen Spaziergang entdeckt Ihr Hund eine Katze auf der anderen Seite des Weges und läuft los. Genau in diesem Moment biegt ein Radfahrer mit seinem neuen E-Bike um die Ecke und stürzt beim Versuch, dem Hund auszuweichen. Beim Sturz verletzt sich der Radfahrer an der Schulter, beim E-Bike geht der Motor kaputt. Die Behandlungskosten und Ersatz für das E-Bike belaufen sich auf insgesamt 12.500 €.
Versichert oder nicht?
Die Antwort: NEIN
Schäden verursacht durch Kleintiere wie Katzen oder Kaninchen sind in der Privathaftpflicht automatisch mitversichert. Schäden durch Hunde sind jedoch üblicherweise nicht mitversichert. Deshalb sollten Sie jedenfalls eine Hunde-Haftpflichtversicherung abschließen, um sich vor Schadenersatzansprüchen Dritter zu schützen In vielen Bundesländern Österreichs ist diese darüber hinaus ohnehin generell bzw. unter bestimmen Voraussetzungen verpflichtend. Dies betrifft aktuell Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark, Salzburg und Tirol.
Frage 2
Ihr bester Freund lädt Sie zu einem „Roadtrip“ in seinem neuen Cabriolet ein. Auf dem Weg halten Sie bei einer Tankstelle. Sie öffnen die Türe und schlagen mit dieser unabsichtlich an die Zapfsäule.
Versichert oder nicht?
Die Antwort: NEIN
Schäden aus der Verwendung von KFZ sind in der Privathaftpflichtversicherung ausgeschlossen. Für den möglichen Schaden an der Zapfsäule muss die KFZ-Haftpflichtversicherung Ihres Freundes aufkommen.
Frage 3
Noch schnell eine Ladung Wäsche in die Waschmaschine, damit diese fertig ist, wenn Sie vom Einkaufen zurückkommen. Leider rutscht der Schlauch der Waschmaschine ab, Wasser läuft aus – zu allem Unglück versagt auch noch der Aqua-Stopp. Das Wasser dringt durch die Decke in die Wohnung unter Ihnen ein und verursacht Wasserflecken an der Decke im Wohnzimmer.
Versichert oder nicht?
Die Antwort: JA
Die Innehabung von Wohnungen ist in der Privathaftpflichtversicherung mitversichert. In diesem Fall wird die Deckung des entstandenen Schadens übernommen.
Frage 4
In einem Kaffeehaus gehen Sie zu einem freien Platz. Auf dem Weg dorthin „wischen“ Sie mit Ihrer Jacke ein Mobiltelefon von einem der Tische. Es fällt zu Boden und geht zu Bruch.
Versichert oder nicht?
Die Antwort: JA
Hier übernimmt die Privathaftpflichtversicherungen die Kosten für die Reparatur bzw. für den Ersatz. Jedoch wird aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen – wie in allen anderen Fällen auch – nur der Zeitwert (und nicht der Neuwert) ersetzt
Frage 5
Sie möchten sich am Nachmittag ein, zwei Stunden „frei“ von der Familie nehmen und Ihre Nachbarin ist so nett und beaufsichtigt in der Zeit Ihr 5-jähriges Kind bei ihr zu Hause. Beim Spielen geht es hoch her und eine teure Lampe kaputt.
Versichert oder nicht?
Die Antwort: JA, ABER…
In diesem Fall wurde die Aufsichtspflicht an die Nachbarin übertragen. Sie hätte selbst aufpassen und vorsorgen müssen, dass kein Schaden entsteht. Zudem sind Kinder bis 7 Jahre weder straf- noch haftbar zu machen. Folglich entsteht keine Haftung des Kindes und somit auch kein Versicherungsgrund für die Privathaftpflichtversicherung. Versichert ist grundsätzlich nur das, wofür man per Gesetz haftbar gemacht werden kann. Hier würde also bei einer Schadenersatzforderung durch die Nachbarin die Privathaftpflichtversicherung die Abwehrkosten übernehmen.
Frage 6
Ein schöner Tag auf der Piste geht zu Ende, bei der letzten Abfahrt sind Sie schon ein wenig müde und unachtsam und stoßen mit einem anderen Schifahrer zusammen. Unglücklicherweise verletzt dieser sich bei dem Zusammenstoß und muss medizinisch behandelt werden. Die Kosten für die Behandlung fordert der Verletzte von Ihnen zurück.
Versichert oder nicht?
Die Antwort: JA
Die Haftpflichtversicherung übernimmt die erhobenen Schmerzensgeldansprüche des verletzten Schifahrers im Rahmen der vereinbarten Versicherungssumme. Sollten hier auch ungerechtfertigte Forderungen gestellt werden, übernimmt die Privathaftpflichtversicherung die Abwehr.
Frage 7
Da Sie sich selbst ein E-Bike anschaffen möchten, leihen Sie sich das Fahrrad eines Freundes, um damit eine kleine Radtour zu machen und das Bike zu testen. Da Sie im Umgang mit dem E-Bike noch sehr unsicher sind, kommen Sie zu Sturz und fallen gegen einen Gartenzaun. Glücklicherweise bleiben Sie unverletzt, der Gartenzaun und das Fahrrad allerdings werden bei dem Unfall beschädigt.
Versichert oder nicht?
Die Antwort: JA und NEIN
Die Schäden am Gartenzaun wird Ihre Privathaftpflicht übernehmen und dafür aufkommen. Anders sieht es bezüglich E-Bike aus: Schäden an geliehenen Sachen sind in der Regel in der Privathaftpflichtversicherung ausgeschlossen.
Frage 8
Es ist Sonntagnachmittag, Ihre Schwiegermutter ist zu Besuch auf Kaffee und Kuchen. Beim Einschenken des Kaffees sind Sie kurz etwas ungeschickt und verschütten Kaffee auf die neuen Schuhe ihrer Schwiegermutter. Alle Versuche, die Kaffeeflecken zu entfernen schlagen fehl, die Schuhe sind ruiniert.
Versichert oder nicht?
Die Antwort: Möglicherweise NEIN
Eine etwaige Deckungseinschränkung in der Haftpflichtversicherung ist der sogenannte Verwandtenausschluss. In vielen Verträgen besteht kein Versicherungsschutz bei Schäden, die Angehörigen zugefügt werden. Als Angehörige gelten hierbei meist: Ehegatten, Schwieger-, Adoptiv- und Stiefeltern, (Ur-)Großeltern, (Ur-)Enkel, im gemeinsamen Haushalt lebende Geschwister.
Frage 9
Ihr 14-jähriger Sohn raucht mit seinem Freund heimlich in einer Nische hinter einem Kino. Die beiden werfen die glimmenden Zigarettenstummel achtlos in einen Papierkorb, durch ungünstige Windverhältnisse entsteht ein Brand, der auch auf das Kinogebäude übergreift. Der Brand wurde rasch entdeckt, der Schaden blieb überschaubar, dennoch entstand gehöriger Sachschaden.
Versichert oder nicht?
Die Antwort: JA
Jugendliche zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr – mündige Minderjährige – sind voll deliktfähig und strafbar. Sie sind für Ihre Taten verantwortlich und schadenersatzpflichtig. Die Privathaftpflicht springt für den entstandenen Schaden ein.
Frage 10
Sie gönnen sich ein paar Tage Auszeit in einem schönen Wellnesshotel. Leider passiert Ihnen im Zimmer ein Missgeschick und die Nachttischlampe geht zu Bruch.
Versichert oder nicht?
Die Antwort: NEIN
Mietsachschäden sind nicht immer versichert. Sehr häufig erstreckt sich der Versicherungsschutz nicht auf gemietete, geleaste oder gepachtete Sachen.
In welchem der beschriebenen Fälle hätten Sie falsch getippt und wären auch leer ausgegangen? Unsere Praxisbeispiele zeigen mögliche Deckungslücken und natürlich bieten verschiedene Versicherer unterschiedliche Produkte mit unterschiedlichem Deckungsumfang. Besonders in älteren Polizzen sind oft noch Ausschlüsse enthalten, die bei neueren Verträgen bereits inkludiert sind.
Bitte beachten Sie, dass die oben genannten Beispiele sehr verkürzt dargestellt sind. In jedem Schadensfall sind die „Umstände des Einzelfalles“ ausschlaggebend und entscheiden damit über den konkreten Versicherungsschutz.
Fazit
Nehmen Sie die Polizze Ihrer Haftpflichtversicherung zur Hand und lesen Sie die Bedingungen einmal aufmerksam durch. Nur so können Sie sicherstellen, dass Sie optimal abgesichert sind. Gerne sehen wir uns das mit Ihnen gemeinsam an und passen gegebenenfalls Ihren Vertrag durch Erweiterungen oder Zusatzprodukte an Ihre individuelle Risikosituation an.